| Liebe Lesende,
 
 Europa steht zunehmend zwischen zwei Kräften: Auf der einen Seite ein Amerika, das Handel immer stärker als politisches Druckmittel nutzt, auf der anderen eine chinesische Industriepolitik, die gezielt auf technologische Dominanz setzt. Beide verfolgen ihre eigenen Interessen – und das erhöht den Druck auf unsere Wirtschaft. Europa muss deshalb handlungsfähig bleiben und seine wirtschaftlichen Grundlagen selbst sichern.
 
 Ein Schritt in diese Richtung ist ein neues handelspolitisches Instrument, das nun verabschiedet wurde und besonders für den europäischen Stahlsektor von großer Bedeutung ist. Stahl ist das Rückgrat unserer industriellen Wertschöpfung, von Windrädern über Schiffbau bis Maschinenbau. Jahrelang war die Branche unfairen Dumpingpreisen und massiven Subventionen aus Drittstaaten ausgesetzt. Mit diesem Instrument kann die EU nun schneller eingreifen, wenn Regeln verletzt werden. Das schafft Vertrauen – für Betriebe, Beschäftigte und Regionen, die auf eine verlässliche europäische Industriepolitik angewiesen sind.
 
 Gleichzeitig bleibt die Fragilität der Vereinbarungen mit den USA bestehen: Der in Washington gefeierte „Handelsdeal“ hat keine verbindliche Absicherung gegen neue Zölle. Schon kurz nach der Einigung hat die US-Regierung hunderte Produkte neu auf ihre Zolllisten gesetzt – ein weiteres Beispiel dafür, dass Europa auf klare Regeln setzen muss, nicht auf spontane Absprachen.
 
 Und während wir in Brüssel darum ringen, faire Handelsbedingungen zu sichern und strategische Branchen zu stärken, kochen andernorts ganz neue Probleme hoch. In Italien geht es derweil um die Nudel – ja, richtig gelesen. Donald Trump droht seit Neuestem mit Zöllen auf italienische Pasta. Wir können für die Freundschaft zwischen Trump und Meloni nur hoffen, dass nicht so heiß gegessen, wie gekocht wird.  
 Herzlichst |